Methode

Die Methodik, Wirkungsweise und deren Einsatz

Das Wesentliche der multimodalen Kunsttherapie ist die Arbeit mit verschiedenen künstlerischen Medien, deren Einsatz, Verknüpfung und gezielten Wechsel (intermedialer Wechsel) von einem in ein anderes Medium. Dadurch wird sowohl mehr Breite als auch Tiefe erreicht und es können sich neue Ideen oder Lösungen klarer zeigen. Im künstlerischen Tun tauchen wir in eine andere Welt ein, in der wir uns frei, ungezwungen und spielerisch verhalten können. In dieser „anderen oder alternativen Wirklichkeit“ entdecken wir neue eigene innere Ressourcen, Handlungsmöglichkeiten und somit auch neue Perspektiven und Wege. Wir kehren nach dem künstlerischen Spielen und Arbeiten wieder bereichert in die Alltagsrealität zurück! Wir haben neue Sichtweisen kennengelernt, neue Ressourcen entdeckt, mit denen wir nun ein neues Verständnis und eine neue Herangehensweise für unsere Anliegen haben! Denn die Lösungen und Ressourcen werden wie oben erwähnt durch die Künste und die Anleitung gezielter systemischer Fragen erarbeitet. Herbert Eberhart und Paolo Knill äußern sich über die Wirkung vom künstlerischen Tun:

„Schon seit vielen Jahren fällt Praktikerinnen und Praktikern beim Nutzen dieses methodischen Ansatzes auf, dass das künstlerische Tun eine belebende Wirkung ausübt. Die Art der Präsenz von Berater und Klient in der Dezentrierung zeigt sich anders als im Gespräch. Dies vor allem, weil sie handlungsorientiert ist und damit auch den Körper einbezieht. Die wache Neugier und die engagierte Entdeckungslust äussern sich hier im Handeln als Eifer und Ehrgeiz. Beides sind Antriebsmomente einer Schaffenskraft, die sich ganz ins Tun vertieft.“ Herbert Eberhart & Paolo J. Knill, 2009

Viele Menschen nützen aus den verschiedensten Gründen, teilweise auch einfach aus Unwissenheit heraus, nur einen Teil ihrer Fähigkeiten und Anlagen. Die bisher entwickelten, gelebten Fähigkeiten machen jedoch nicht den ganzen Menschen aus. Die Kunsttherapeuten fragen nach dem Grundpotential des Menschen! Sie fragen nach der Person, die hinter der sich zeigenden Person ist, sie suchen die noch schlummernden, nicht geweckten Fähigkeiten und Gestaltungsmöglichkeiten der Person. Sie suchen nach der Person, die sie sein kann und sein will, wie sie sich zeigen und ihr Leben gestalten möchte. Den KunsttherapeutInnen geht es um das Erkennen und die Verwirklichung des Grundpotentials, der schöpferischen Gestaltungskräfte des Lebens. Die Kunsttherapie legt durch ihre künstlerischen Prozesse die bereits angelegten und mit in die Welt gebrachten Fähigkeiten und Anlagen der Person frei. Dies dient der Förderung, Verbesserung und Erhaltung der seelischen, körperlichen und geistigen Gesundheit der Person. Wir beschäftigen uns in der Kunsttherapie mit den Grundanlagen und Fähigkeiten des Menschen. Uns geht es um das Herausfinden, Verstärken und Fördern der eigenen Fähigkeiten und Ressourcen des Menschen. Wir setzen beim gesunden Menschen mit all seinem Potential an, welches manchmal für ihn nicht sichtbar ist und durch die kunsttherapeutischen Prozesse wieder sichtbar wird und in den Vordergrund tritt. Durch das Erkennen der eigenen Ressourcen, der eigenen Fähigkeiten und Anlagen aktiviert der Mensch seine eigenen Kräfte und entwickelt und gestaltet sein Leben aktiv mit mehr Freude und Liebe. Uns geht es um die künstlerische Begleitung. Wir verstehen unter dem Begriff Therapie ein Begleiten zur Selbst-Erkenntnis und Selbst-Findung im lösungsorientierten Sinne, welche durch kunsttherapeutische Prozesse stattfindet.

Jeder Mensch ist kreativ und künstlerisch. Er benutzt seit alters her nicht nur die Sprache, sondern auch eine Vielzahl von verschiedenen Ausdrucksmitteln. Schon die vor Jahrtausenden entstandenen Höhlenmalereien dienten nicht nur der Kommunikation, sondern waren vor allem auch ein Ausdrucksmittel für das Erlebte. Durch die Barrieren und Unzulänglichkeiten der Sprache haben die Menschen immer schon Möglichkeiten gefunden sich auch noch anders auszudrücken und mitzuteilen. Das was nicht gesagt werden kann oder will, wird durch die kreativen Medien in der Kunsttherapie sichtbar in einem Bild, verständlich durch poetische Worte, handelbar im Schauspiel, hörbar in der Musik, be-greifbar mit dem Körper, etc. Es wird durch die kunsttherapeutischen Ausdrucksmöglichkeiten sichtbar. Das Sichtbar-Gewordene gibt neue Erkenntnisse, es zeigt neue Wege und Perspektiven auf, vergrößert den Handlungsspielraum und verstärkt die Fähigkeiten und Potentiale des Menschen. So werden diese kreativen und gestalterischen Medien seit Jahrhunderten bewusst und unbewusst zur Förderung der eigenen Ressourcen und Fähigkeiten genutzt. Daher ist unsere Methode kunst-, ressourcen- und lösungsorientiert! Die Wahrnehmung über die verschiedenen Sinne eröffnet eben eine Vielfalt von Ressourcen und Lösungsansätzen!

Durch den Einsatz von künstlerischen Medien erleben wir mehr Ausdrucksformen, Selbstbewusstsein und Perspektiven kennen. In dieser Ausbildung erlernen wir den Umgang mit den verschiedensten künstlerischen Medien (Malen, Poesie, Handwerk, Landart, Musik, Tanz, Neue Medien, Theater, etc.). Du erfährst die Freude und das Heilsame in und an der Kunst! Der spielerische Zugang zu sich selbst über die Kunst vermittelt uns neue Erkenntnisse, Blickwinkel, Ideen und Freude in unserem Leben. Im Umgang mit den verschiedensten künstlerischen Medien werden wir uns selbst mehr ent-decken (i.S.v. aufdecken, entblättern,…) und unsere Ressourcen besser kennen lernen. Bei uns steht auch die emotionale Kompetenz gegenüber der rein handwerklichen und intellektuellen Kompetenz im Vordergrund!

Imagination und Gestaltung passiert für uns immer multimodal. Denn Menschen imaginieren in Bildern, Klängen, Bewegungen. Eine Person ist bewegt von einem Bild (vom Bild zur Bewegung) oder bestimmte Klänge rufen visuelle Bilder und Farben hervor (von der Musik zum Bild) etc. Ein Medienwechsel von einem künstlerischen Medium in ein anderes führt zu einer Vertiefung und Verstärkung des Ausdrucks und des Werks. Dabei geht es darum, dass die emotionale Kompetenz vor dem handwerklich-künstlerischen Können steht, denn die Freude am künstlerischen Tun ist eine Bedingung für das Finden von neuen Lösungen und Handlungsmöglichkeiten! Dies geschieht dann, wenn die Personen keine künstlerischen Handfertigkeiten beherrschen müssen nach dem Konzept „Low Skill High Sensivity“. Damit fokussiert unsere Methode auf die emotionale und pädagogische Kompetenz gegenüber der rein handwerklichen und intellektuellen Kompetenz.

„Künstlerisches Tun auf der Basis von „low skill – high sensitivity“ ist körperlich-sinnliches Tun, das auf Gelingen ausgerichtet ist. Es geht nicht um eine Annäherung an Hochkunst oder zeitgenössisches Kunstschaffen. Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“. Es geht um die Freude am Tun oder/und die Bewältigung einer Herausforderung. Dafür ist eine professionelle Rahmung und immer wieder auch die Unterstützung durch die professionelle Person nötig.“ -Herbert Eberhart & Paolo J. Knill, 2009

In der multimodalen Kunsttherapie werden die Umsetzungsprozesse mit systemischen, lösungsorientierten und phänomenologischen Vorgangsweise neue Wege, Perspektiven und Denkweisen erprobt, sichtbar und erfahrbar gemacht! Damit wird die Vernunft um die Kreativität erweitert und geschult und die sozialen Kompetenzen in einer gemeinschaftlichen Lernkultur gefördert.

„… neu stellt sich die Situation dar, wenn künstlerisches Tun ins Spiel kommt. Wir verstehen darunter u.a. kurze, episodenhafte Aktivitäten, wie etwa eine Rhythmusimprovisation mit verschiedenen Takes oder eine Installation mit alltäglichen Gegenständen, in der für die Platzierung der einzelnen Teile ästhetische Gesichtspunkte wegleitend sind. Die Art, wie wir Künstlerisches einsetzen, mit einfachsten Mitteln und gleichzeitig grosser Präsenz, begleitet von neugieriger Wertschätzung, ergibt einen Prozess mit ungewohnten und überraschenden Wendungen. Dieser Ablauf, gleichzeitig ausgerichtet auf das, was wir „Werk“ nennen, verunmöglicht weitgehend stereotypes Tun. Durch die Art der Einführung … werden Neugier und Experimentierfreude angeregt. Nicht die Reduktion auf so genanntes Wesentliches ist das Ziel, sondern Anreicherung, Vielfalt und Perspektivenreichtum. Wird künstlerisches Tun innerhalb einer Beratungs- oder Therapiesequenz als Episode eingesetzt und in einer bestimmten Art in den Gesamtablauf einbezogen, so nennen wir das eine Dezentrierung. Diese Bezeichnung steht für die zeitlich begrenzte Distanzierung von dem im Zentrum stehenden Anliegen (de-zentrieren) und – bei dem hier beschriebenen Vorgehen – die Zuwendung zu einem künstlerisch-spielerischen Tun.“ -Herbert Eberhart & Paolo J. Knill, 2009

In der inter- und multimodalen Ausrichtung werden unterschiedliche Kunstmedien wie Malen, Schauspiel, Tanz, Musik, Poesie in Form von Medienüberschneidungen und –wechsel zum Einsatz gebracht, um die Sensibilität bei den ästhetischen Prozessen zu fördern und zu vertiefen.  „Das Adjektiv „intermodal“ weist darauf hin, dass verschiedene künstlerische Medien zur Anwendung kommen und etwas mittels mehrerer Disziplinen angereichert und vertieft werden kann. Beispielsweise kann mit einer einfachen Installation begonnen werden, die anschliessend poetisch interpretiert und zum Schluss in eine Bewegung übertragen wird.“ Herbert Eberhart & Paolo J. Knill, 2009

Vision und Ausblick

Die Vision des Colleges ist neben der individuellen Befähigung der Studierenden eine staatliche Anerkennung und Akademisierung dieses Berufsbildes, welche in Abstimmung mit dem Bildungsministerium und anderen Anbietern in laufender Vorbereitung ist.

Die Tradition unserer Schule basiert auf multimodalen Konzepten auf welchen die Methode der kunst – und ausdrucksorientierten Psychotherapie aufgebaut ist. Diese psychotherapeutische Schule, welche ihren Ursprung in den USA und in der Schweiz hat, ist weltweit verbreitet. Es ist daher unser Anliegen dieses Verfahren entsprechend den österreichischen Richtlinien zu erarbeiten und zu etablieren. Ebenso unterstützen wir auch andere Anbieter wie die KPH – die katholisch-pädagogische Hochschule – in der Gestaltung eigener kunsttherapeutischer Lehrgänge.

Die kontroversielle Festspielrede des Schweizer Globalisierungskritiker Jean Ziegler, welche nicht gehalten wurde, beschreibt die gesellschaftliche Stärke der Kunst für den Einzelnen und der ganzen Gesellschaft.

„Was ist mein Traum? Die Musik, das Theater, die Poesie – kurz: die Kunst – transportieren die Menschen jenseits ihrer selbst. Die Kunst hat Waffen, welche der analytische Verstand nicht besitzt: Sie wühlt den Zuhörer, Zuschauer in seinem Innersten auf, durchdringt auch die dickste Betondecke des Egoismus, der Entfremdung und der Entfernung. Sie trifft den Menschen in seinem Innersten, bewegt in ihm ungeahnte Emotionen. Und plötzlich bricht die Defensivmauer seiner Selbstgerechtigkeit zusammen.“ – Jean Ziegler, 2011

Bei der multimodalen Kunst- und Ausdruckstherapie steht der Mensch als Ganzes im Vordergrund, der sein Leben über den Ausdruck und die Gestaltung der verschiedenen Medien und durch den systemischen, lösungszentrierten und kunstorientierten Ansatz mit all seinen Sinnen sinnvoll gestaltet und verändert.

Mag. Alexander Eggenhofer